Lichttherapie bei Winterdepresion

Manche Menschen reagieren stärker auf Lichtveränderungen als andere. So tritt in unseren Breitengraden mit dem Wechsel der Jahreszeiten bei etwa jedem Fünften eine Winterdepression auf. Dafür typisch ist eine depressive Verstimmung mit Antriebslosigkeit, Tagesmüdigkeit, erhöhtem Schlafbedürfnis und gesteigertem Appetit. Die Lichttherapie hat sich als wirksame nicht-medikamentöse Option zur Therapie der Winterdepression erwiesen.


Wie funktioniert die Lichttherapie?

Licht beeinflusst unseren Tagesrhythmus und damit unsere innere Uhr. Die Lichtstrahlen, die das Auge tagsüber aufnimmt, werden von der Netzhaut des Auges in elektrische Impulse umgewandelt und an Hirnregionen weitergeleitet, die den Schlaf-Wach-Rhythmus des Körpers an die äußeren Lichtverhältnisse anpassen. Nimmt die Lichtintensität im Laufe des Abends und der Nacht ab, führt dies zu einer vermehrten Ausschüttung des ‚Schlafhormons‘ Melatonin aus der Zirbeldrüse.

 
 

Anhaltender Lichtmangel im Winter kann zu mehr Müdigkeit und depressiven Symptomen führen. Die Lichttherapie reduziert die Melatoninproduktion und regt die Ausschüttung von Serotonin und Noradrenalin an, was den Antrieb verstärkt und die Stimmung anhebt. Die Behandlung wird am besten täglich morgens als ‚Lichtdusche‘ im Sitzen vor einer speziellen Lampe angewendet.

Damit das Licht therapeutisch wirken kann, braucht es eine Beleuchtungsstärke von 10’000 Lux. Zum Vergleich: Tageslicht bei klarem Himmel entspricht 50’000-100’000 Lux, bedeckter Himmel 10’000-20’000 Lux, Bürobeleuchtung 300-500 Lux und Vollmondlicht ca. 1 Lux. Bei der Lichttherapie wird weisses Fluoreszenzlicht ohne UV-Strahlung abgegeben (keine Bräunung, kein Hautkrebsrisiko, keine Vitamin-D-Bildung). Die Lichtstärke sollte Dies entspricht einem schönen, hellen Frühlingstag.


Wie wird die Lichttherapie durchgeführt?

Zur Behandlung sollte man sich täglich morgens zwischen 5.30 und 8.00 Uhr für 30 Minuten bis zwei Stunden beleuchten lassen (z.B. beim Zeitunglesen). Es ist nicht notwendig, direkt in die Lampe zu schauen, aber die Augen sollten geöffnet sein. Die beste Wirkung wird erzielt, wenn man einige Sekunden pro Minute direkt in die Lichtquelle schaut. Idealerweise erfolgt vor Beginn der Therapie eine individuelle Bestimmung des Zeitpunktes für die Lichttherapie mittels Fragebogen (Fragebogen zu Morgen- und Abendaktivität MEQ-SA). 


Wie sind die Resultate der Behandlung mit der Lichttherapie?

Die Symptome einer Winterdepression können sich schon nach einer Woche verbessern. Um eine nachhaltige Wirkung zu erzielen, sollte die Lichttherapie jedoch über einen Zeitraum von 4 Wochen durchgeführt werden. 60-90% der von einer Winterdepression Betroffenen sprechen auf eine Lichttherapie an.

 

Welche Nebenwirkungen können bei der Lichttherapie auftreten?

Schwere Nebenwirkungen der Lichttherapie sind nicht bekannt. Selten können Kopfschmerzen, Augen- oder Hautreizungen auftreten. Durch langsame Erhöhung der Lichtdosis (Verringerung des Abstandes zur Lampe) kann dem entgegengewirkt werden.


Wann kann die Lichttherapie nicht angewendet werden?

Vorsicht ist geboten bei Augenerkrankungen wie Makulopathien, Retinopathien, Sehnervenerkrankungen, Glaukom und Katarakt. Personen mit empfindlicher Haut oder Hauterkrankungen sollten vorher einen Arzt konsultieren. Patienten mit einer bipolaren (manisch-depressiven) affektiven Erkrankung sollten eine Lichttherapie nur unter ärztlicher Aufsicht durchführen. Während manischer Episoden ist die Anwendung der Lichttherapie kontraindiziert.

 

Werden die Kosten von den Krankenkassen übernommen?

Die Kosten für die Lichttherapie werden von der Grundversicherung übernommen, wenn die Behandlung ärztlich verordnet ist.


Literatur 

  • Pjrek E, Friedrich ME, Cambiolli L, Dold M, Jäger F, Komorowski A, Lanzenberger R, Kasper S, Winkler D (2020) The Efficacy of Light Therapy in the Treatment of Seasonal Affective Disorder: A Meta-Analysis of Randomized Controlled Trials. Psychother Psychosom, 89(1):17-24.

  • Even, C., Schröder, C. M., Friedman, S., & Rouillon, F. (2008). Efficacy of light therapy in nonseasonal depression: a systematic review. Journal of affective disorders, 108, 11-23.

  • Golden RN, Gaynes BN, Ekstrom RD, Hamer RM, Jacobsen FM, Suppes T, Wisner KL, Nemeroff CB: The efficacy of light therapy in the treatment of mood disorders: a review and meta-analysis of the evidence. Am J Psychiatry 2005; 162:656–662

  • Lam, R. W., Levitt, A. J., Levitan, R. D., Enns, M. W., Morehouse, R., Michalak, E. E., & Tam, E. M. (2006). The Can-SAD study: a randomized controlled trial of the effectiveness of light therapy and fluoxetine in patients with winter seasonal affective disorder. American Journal of Psychiatry, 163, 805-812.

  • Lee TM, Chan CC: Dose-response relationship of phototherapy for seasonal affective disorder: a meta-analysis. Acta Psychiatr Scand 1999; 99:315–323

  • Rosenthal, N. E., Sack, D. A., Gillin, J. C., Lewy, A. J., Goodwin, F. K., Davenport, Y., ... & Wehr, T. A. (1984). Seasonal affective disorder: a description of the syndrome and preliminary findings with light therapy. Archives of general psychiatry, 41, 72-80. 

  • Terman, M., & Terman, J. S. (2005). Light therapy for seasonal and nonseasonal depression: efficacy, protocol, safety, and side effects. CNS spectrums, 10, 647-663.

  • Thompson C: Evidence-based treatment, in Seasonal Affective Disorder: Practice and Research. Edited by Partonen T, Magnusson A. New York, Oxford University Press, 2001